Kreisübergreifende Einsatzübung
Vehlingen – Am Samstag d. 17.09.2016 Um 16:33 ertönt in vielen Millinger und Isselburger Haushalten der Feuerwehrmelder mit dem Einsatzstichwort „Feuer“ – Menschenleben in Gefahr. Sofort machen sich die alarmierten Feuerwehrleute und die Einsatzkräfte des Roten Kreuzes auf den Weg zu den Gerätehäusern um schnellstmöglich Gefahr von Leib und Leben abzuwenden. Feuerwehrgroßfahrzeuge, Einsatzleitwagen, Rettungswagen und Notartzteinsatzfahrzeuge sowie diverse Mannschaftstransportfahrzeuge machen sich umgehend auf den Weg in Richtung Vehlinger Wolfsee. Auf einem Betriebsgelände soll es zu einem Brand in einem Bürogebäude gekommen sein. In einem Kopierraum haben alte Bürogeräte einen Kurzschluss verursacht und standen binnen Minuten in Flammen. Es dauerte nicht lange und der gesamte Bürotrakt stand in Vollbrand. Ein aufgebrachter Betriebsleiter vermisst vier seiner Angestellten in den Büroräumen. Aus den rußschwarzen Fenstern ist Feuerschein zu erkennen und aus dem Dach des Gebäudes quillt starker Rauch.
Zu allem Überfluss ist es im vorderen Strassenbereich durch unaufmerksame, schaulustige Autofahrer zu einem folgenschweren Verkehrsunfall gekommen. 2 PKWs sind mit einem landwirtschaftlichen Gerät kollidiert. Die Fahrzeuge waren voll besetzt, viele der verunfallten Personen klemmen durch die Wucht des Aufpralls im Fahrzeug fest. Eine Person atmet nicht mehr und wirkt auf den ersten Blick leblos.
Was sich wie ein Horrorszenario liest, entpuppt sich für die Einsatzkräfte vor Ort glücklicherweise als anspruchsvolle Übungsaufgabe. Auf der diesjährigen Einweihungsveranstaltung des neuen Millinger Hilfeleistungslöschfahrzeugs kam die Löschzugführungen von Millingen in Person von Heinz-Josef Buckermann und Thomas Fingerhut mit Michael Bonnes und Peter Hüls vom Löschzug Isselburg ins Gespräch. Man hatte sich schon seit Jahren kameradschaftlich verbunden gefühlt, die letzten feuerwehrtechnischen, gemeinsamen Übungen stammen jedoch noch aus der Zeit, als Isselburg noch zum Kreis Rees gehörte (bis 1975). Da die beiden Städte heute zwar in unmittelbarer Nähe zueinander liegen, jedoch anderen Kreisen angehören, ist diese alte Übungstradition eingeschlafen. Im gemeinsamen Gespräch ist man schnell überein gekommen, dass ein gemeinsamer Einsatz im Rahmen der überörtlichen Hilfe in der Vergangenheit durchaus vorkam und auch in Zukunft vorkommen kann. Daher war schnell der Entschluss gefasst wieder eine gemeinsame Übung zu veranstalten, die für alle Einsatzkräfte einen anspruchsvollen Praxistest bedeuten würden. In der Planungszeit von knapp 3 Monaten konnten mit dem DRK und JRK Ortsverband Isselburg weitere Einsatzkräfte gefunden werden die für das Projekt sofort „Feuer und Flamme“ waren. Das DRK stellte das Rettungsdienst-Personal, das JRK sorgte mit seinen Mitgliedern für erschreckend echte Darsteller. Das Jugendrotkreuz des Ortsverbandes Isselburg ist mittlerweile landesweit für seine täuschend echten Darsteller mit perfekt geschminkten und konstruierten Verletzungen bekannt. Entsprechend froh waren die Organisatoren, als die Zusagen kamen „wir sind dabei“. Besonders erfreulich ist, das sogar mit einem leitenden Notarzt geübt werden konnte. Mit Dr. Thomas Werxhausen, der mit dem Löschzug Isselburg befreundet ist, konnte unter sehr professionellen und realen Bedingungen geübt werden.
Zurück zur Übung, vor Ort teilt der Einsatzleiter Michael Bonnes das Szenario in 2 Einsatzabschnitte ein. Abschnitt 1 Menschenrettung Brandeinsatz und Abschnitt 2 Menschenrettung Verkehrsunfall. Zu diesem Zweck teilt er die Fahrzeuge der beiden Löschzüge ihrem so.g. taktischem Einsatzwert ein. Dieser besteht aus der Mannschaft und dem technischen Gerät. Daher werden die Löschfahrzeuge (LF20) dem Brandabschnitt zugeordnet und die Hilfeleistungslöschfahrzeuge (HLF20) dem Abschnitt Verkehrsunfall. Die beiden Löschzüge verfügen je über ein LF und ein HLF, somit werden die Löschzüge durch die Abschnittsbildung „durcheinandergewürfelt“. Damit das ganze dann auch tatsächlich funktioniert, bekommt jeder Abschnitt einen Abschnittsleiter. Der Löschzug Millingen stellt den Abschnittsleiter Verkehrsunfall und der Löschzug Isselburg den Abschnittsleiter Brandeinsatz.
Unter Atemschutz wird im Abschnitt 1 die Menschenrettung im Brandraum durchgeführt, die vorgehenden Trupps gehen mit Hohlstrahlrohren und Fluchthauben für die im Brandraum vermuteten Personen vor und holen eine nach der anderen aus den Flammen. Dabei stehen sie in ständigem Kontakt mit der Atemschutzüberwachung und der Abschnittsleitung. Am Gefahrenbereich erfolgt dann die Übergabe an den Rettungsdienst, der sofort mit der Erstversorgung beginnt. Schweißgebadet und abgekämpft leisten die Einsatzkräfte hier körperliche Schwerstarbeit, nicht umsonst werden Sie alle 3 Jahre ärztlich auf ihre körperliche Leistungsfähigkeit geprüft um für „atemschutztauglich“ erklärt zu werden.
Unterdessen hat der Abschnittsleiter im Abschnitt 2 Verkehrsunfall die Erkundung abgeschlossen und erklärt den ihm zugeteilten Kräften die Einsatztaktik. Die Rettung der verunfallten Personen erfolgt nach einer Priorisierung, die der Notarzt aufgrund des Verletzungsmuster erstellt hat. Das kann bedeuten, das bei akut gefährdeten Personen eine „Sofortrettung“ durchgeführt wird, das bedeutet, das die Person unter Tolerierung einer weiteren möglichen Schädigung schnellstmöglich aus dem PKW befreit wird. Dies wird nur im Notfall entschieden, wenn eine Reanimation eingeleitet werden muss oder unmittelbare Gefahr droht. Eine andere Möglichkeit ist die „schnelle Rettung“ bei der ein Zeitfenster von 20-30 Minuten angestrebt wird und der Patient möglichst schonend aus dem Auto gerettet wird.
Patient für Patient erfolgt zuerst die Betreuung und Sichtung durch den Rettungsdienst und dann die anschließende Rettung durch die Feuerwehrkameraden.
Nachdem alle Patienten gerettet wurden, der Brand im Bürogebäude unter Kontrolle ist verkündet das Planungskomitee – „Übungsende“
Nach einer kurzen Übungsnachbesprechung sitzen die Kameraden noch zusammen und besprechen den anstrengenden aber lehrreichen Tag.
Verfasser: Peter Hüls, stellv. Löschzugführer Löschzug Isselburg, Feuerwehr Isselburg
Pressesprecher vor Ort: Oliver Kiefmann, stellv. Wehrleiter Feuerwehr Isselburg
Einsatzleiter: Michael Bonnes, Löschzugführer Löschzug Isselburg, Feuerwehr Isselburg
Eingesetzte Organisationen: Löschzug Millingen, Feuerwehr Rees Löschzug Isselburg, Feuerwehr Isselburg Einsatzleitwagen Löschzug Anholt, Feuerwehr Isselburg Deutsches Rotes Kreuz Ortsverband Isselburg (DRK) Deutsches Jugendrotkreuz Ortsverband Isselburg (JRK)
Übungsort: Ehemaliges Truppenübungsgelände Vehlingen Wolfsee Am Wolfsee 1a, 46419 Isselburg-Vehllingen